Kinder brauchen Zombies

 Dokumentarfilm,
45 Minuten
von Claus Strigel und Bertram Verhhag

Mit ihrer provokant betitelten neuen Produktion haben die DENKmal-Filmleute in München wieder einmal einen gegen den Strich gebürsteten Film abgeliefert: unpädagogisch und ohne künstliche Entrüstung. Er kommt nur leider um einige Jahre zu spät, aber das haben nicht die Macher zu verantworten. Das geht eher auf die Rechnung der auftraggebenden Pädagogik (hier das Institut für Film und Bild in Wissenschaft und Unterricht), die der abebbenden Gewaltdiskussion im Videogeschäft hinterherhinkt.
Nonchalant wird die sicher verbreitete Lust an visualisierter Gewalt in die Nähe des Jahrmarktsrummels gerückt („Auf geht‘s zum Schichtl!“). Unverblühmt und „ohne Filter“ können Jugendliche vor der Kamera erzählen, warum sie sich Zombie-Videos anschauen und was sie dabei erleben. Eingeschnitten sind Belegstellen aus indizierten Videos, Aufnahmen aus einem Synchronstudio, wo mit dem Entsetzen professionell Scherz getrieben wird, sowie Berichte eines trickreichen Horrorfilm
Clubs, eines Sammlers mit einem umfangreichen HorrorArchiv und ein Bericht über Horrorspiele von Kindern.
Für Pädagogen und Eltern liefert der Film anschauliches Material für emotions- und ideologiefreie Diskussionen, zumal er sich jedes wertenden Kommentars enthält. Vielmehr weist er solchen Diskussionen durch seine geschickt angelegte Dramaturgie eine sachliche Richtung, indem er Horrorvideos vorsichtig als Mittel zur Angstbewältigung und zum Aggressionsabbau definiert und die Aufmerksamkeit auf reale angstauslösende Phänomene der verbreiteten öffentlichen Meinung, etwa in „XY“ oder in den Tagesschau-Nachrichten im Fernsehen lenkt.

Die durch die Medien „objektivierte“ Real-Nachricht über Greueltaten und Katastrophen in aller Welt sei, so eine Schlußfolgerung des Films, der eigentliche Angstmacher. Befragte jungendliche Video-Freaks bestätigten diese These. Während sie bei Horror-Videos routiniert die Machart durchschauen und sich davon distanzieren könnten, beschleiche sie bei den Femsehnachrichten ein Gefühl der ohnmächtigen Betroffenheit, dem sie sich nicht entziehen könnten.
Keineswegs versucht der Film, die beunruhigende Wirkung von Gewaltdarstellungen in Filmen oder Videos auf Kinder und Jugendliche herunterzuspielen oder gar apologetische Theorien für sie zu konstruieren. Er möchte vielmehr beitragen zu einer notwendigen Versachlichung der Diskussion über die Problematik, deren Ursachen letztlich in einem gestörten Verhältnis der Menschen zueinander zu suchen sind.


epd-film, Bernt Lindner




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